Etna ski trip
Weißt du, wie ein Erlebnis wirklich einmalig wird? Wenn es scheinbar Unvereinbares vereint.
Das Meer und die Berge. Glühend heiße Lava und eiskalten Schnee. Wenn man zum Skifahren nach Sizilien fliegt, obwohl die Dolomiten quasi vor der Haustür liegen. Eine spontane Entscheidung, unter der Woche, ohne lange im Voraus zu planen. Kein Programm, keine Organisation. Einfach drauflos. Wie isst man eigentlich sizilianische Cannoli in Skiklamotten auf 2500 Metern Höhe?
„Sag mal, hast du am Mittwoch und Donnerstag schon was vor?“
„Nein.“
„Super, dann pack deine Skier ein. Wir fliegen nach Sizilien.“
So ging das Ganze los. Das Flugticket wurde ein paar Tage vorher gebucht und in den Rucksack nur Skisachen gepackt.
Und dieser 48-stündige Abstecher nach Sizilien wurde am Ende zu einer richtigen Reise. Wie man bei zwei Tagen von einer „Reise“ sprechen kann? Weil sie denkwürdiger war als viele andere. Normalerweise plant man sowas Monate im Voraus. Man sucht mit Bedacht den Ort und die Routen aus.
Aber unser Weg zum Ätna war von Anfang bis Ende einfach anders. Die Wettervorhersage für die kommenden zwei Tage sah vielversprechend aus, also kauften wir die Tickets und ließen alles andere auf uns zukommen. Wir hatten nur ein Ziel im Auge: das Feuer und den Schnee, die Berge und das Meer hautnah zu erleben.
Da sind wir also, Mittwochabend, 20:30 Uhr. Am relativ kleinen Flughafen Verona finden wir uns schnell. Vier Freunde mit Skiern auf den Schultern und Bordkarten für einen Flug nach Catania in der Hand sind hier ein seltener Anblick: Giulio, Alex, Elisa und Federica. Das Team kommt zusammen, gibt die Ausrüstung auf, isst ein Stück Pizza und schon kanns losgehen.
Der Flug ist kurz und entspannt, es gibt keine Turbulenzen oder andere Aufreger. Zum Glück.
Als wir in Catania landen, ist es dort komischerweise kühler als in Verona. Das hatten wir nicht erwartet, aber naja, es ist ja erst der 6. März.
Wir kommen gegen Mitternacht in der Pension an. Gerade genug Zeit, um unsere Rucksäcke für den nächsten Morgen umzupacken und ein paar Stunden zu schlafen.
Es ist ein schöner Morgen und der Himmel ist klar. Wir freuen uns auf einen wundervollen Tag. Nach etwa einer Stunde Fahrt kommen wir am Treffpunkt in Ätna Nord an und lernen unseren Tourführer Marco kennen, einen gebürtigen Sizilianer, der als Skilehrer in Courchevel (Frankreich) arbeitet.
Unsere Mitfahrgelegenheit zum Skigebiet ist nichts Geringeres als ein Monstertruck mit Allradantrieb. Die Räder sind fast so hoch wie unsere Mädels groß. Und wir sagen uns nur immer wieder: „Wir sind echt auf Sizilien zum Skifahren“.
Mit der Zeit fällt uns auf, dass die Wettervorhersage wohl nicht ganz richtig lag. Der Wind zeigt uns, was er drauf hat, die Böen erreichen 70 km/h, bisweilen sogar 90 km/h. Wir erinnern uns an das, was Marco uns zuvor gesagt hatte: „Hier herrschen oft Bedingungen wie in Patagonien. Der Wind trägt einen einfach davon.“
Der Aufstieg macht trotzdem Spaß. Nach ein paar Stunden kommen wir auf einem Grat an, der uns zur Spitze des Vulkans führen soll. Der Wind braust immer stärker, die Wolken verdichten sich. Der Aufstieg wird zunehmend beschwerlich.
Dicke graue und weiße Wolken bedecken den Gipfel. Die Sichtweite geht gegen Null.
Wir erkennen, dass der Gipfel bei diesen widrigen Verhältnissen nicht zu erreichen ist. Wir schnallen also unsere Skier ab und machen uns auf die Suche nach gutem Schnee und Kratern. Wir sind ja immerhin zum Skifahren da.
So vergeht der Tag. Aufstieg, Abfahrt, Cannoli, und wieder von vorn.
Die Cannoli auf Sizilien sind übrigens besonders lecker, vor allem wenn man sie mit Skiern an den Füßen auf 2500 Metern isst. Ich kann sie noch förmlich schmecken, wenn ich nur an sie denke. Gegen 16:00 Uhr machen wir uns auf den Weg zum Flughafen.
Uns bleibt noch ein bisschen Zeit für einen Abstecher nach Aci Trezza.
Dort entstand vor 500.000 Jahren der Ätna. Bis heute stehen dort Lavafelsen – die drei aus dem Meer ragenden Zyklopen. So sitzen wir da am Wasser mit den Skistiefeln in der einen und einem Bier in der anderen Hand und lassen die Beine baumeln.
Scheinbar Unvereinbares vereint! Das Meer und die Berge beisammen, im selben Moment.
Vier Freunde, ein spontaner Trip, das ein oder andere Cannolo, und ganz viele Marmeladenglasmomente. Diese zwei Tage werden wir wohl nie vergessen, sie zaubern uns bis heute ein Lächeln aufs Gesicht. Bilder voller Gegensätze, Paradoxe in perfektem Einklang. Das sind die wahrlich einmaligen Momente, die das Ganze so besonders und die zwei Tage zu einer Reise gemacht haben.